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16. August 2021

Wie der Einsatz von Software unsere Zusammenarbeit verändert

Wussten Sie das Friedrich Nietzsche ein Early Adopter war? Der immer mehr erblindende Philosoph konnte dank der Schreibmaschine noch leserliche Texte zu Papier bringen und musste sich aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen an eine dazumals neue Technologie gewöhnen. Kommt ihnen das bekannt vor…?

So hatte er aber auch seine liebe Mühe damit und schrieb daher Ende 1882 seinem Sekretär auf einer Schreibmaschine, die nur Grossbuchstaben beherrschte:

„SIE HABEN RECHT. UNSER SCHREIBZEUG ARBEITET MIT AN UNSEREN GEDANKEN“

Wie verändert die Cloud unsere Gedanken?

Diesen etwas umständlichen Satz verwende ich auch gerne in Workshops mit Kunden. Aber wie genau ist das zu verstehen? Übertragen auf die IT-Branche: Arbeitet nun die Cloud bereits in unserem Kopf…?

Natürlich ist das nicht wortwörtlich so gemeint. Vielleicht kennen Sie das Gefühl von Nietzsche, man sitzt an einem neuen Tool und DAS DING TUT NICHT WIE MAN GERNE HÄTTE. Oder haben Sie auch schon festgestellt, dass man gewisse Dinge anders notiert, wenn man handschriftlich etwas festhält, als wenn man einfach "nur" per Tastatur ein paar Notizen macht? Mir zumindest geht es so, da das handschriftliche mehr Spielraum lässt für Zeichnungen, spontane Änderungen im Layout etc. Das Tool bestimmt massgeblich mit wie konzentriert wir während der Arbeit sind und wie die Gedanken während der Arbeit kreisen.

Diese und ähnliche Effekte beobachte ich auch beim Einsatz anderer Anwendungen aus der Cloud.

Eine Navigation im Intranet bestimmt massgeblich wie die Hirarchien innerhalb einer Firma aussehen, genauso wie es eine Ordnerstruktur auf einem Netzlaufwerk tut.

Leider werden moderne Cloudanwendungen wie SharePoint, Microsoft Teams, OneDrive etc. gerne einfach mal einfach hingestellt und man kümmert sich hauptsächlich um die technische Kompatiblität mit den bereits vorhandenen Systemen. Was weniger hinterfragt wird ist die Kompatibilität der neuen Features mit den eigenen Organisationsprozessen und der -kultur. Mit der Zeit merkt man, dass sich so einiges mehr damit verändert:

Dateien werden anderswo abgelegt, Diskussionen werden online geführt, immer mehr Teilnehmende klinken sich nur noch online in ein Meeting ein, statt sich extra vor Ort zu treffen etc.

Alle diese Änderungen welche allmählich durch die Technologie in ein Unternehmen einfliesen, verändern das Teamgefüge, allenfalls gar die Arbeitskultur:

  • Warum noch vor Ort treffen, wenn Online Meetings gerade so gut gehen?

  • Wo finden dann noch die kurzen informativen Ganggespräche statt?

  • Werden Daten in der streng strukturierten File-Ablage abgelegt, oder entstehen in Microsoft Teams neue Organisationsstrukturen – abteilungsübergreifend?

  • Arbeiten – Pause machen – Effizienz im Homeoffice: Wie verändert sich der Arbeitsalltag, wenn jeder zu Hause arbeitet…

Nicht selten beobachen wir deshalb in Software-Projekten, dass Veränderungen an der Software grossen Einfluss auf das Organisationsgefüge nehmen. Was bei der Einführung einer Kollaborationssoftware wie Microsoft Teams noch offensichtlich erscheint, gilt auch für vermeintlich „einfachere“ Veränderungen. Gerade die Strukturierung von Daten, sei es mittels Eingabefeldern im CRM, einer Datenablage für die Zusammenarbeit, oder mittels Visualisierungen in PowerBI definieren sehr schnell auch den Fokus worauf Wert gelegt wird in einem Unternehmen. Diese Entscheidungen sollten daher nicht vorschnell aufgrund von rein technischen Gegebenheiten (wie zum Beispiel Berechtigungslogik / Datenverfügbarkeit o.ä.) getroffen werden. 

Was bedeutet dies für die Einführung von neuer Software?

Zugegeben, nicht jedes Tool arbeitet gleich intensiv an unseren Gedanken mit. Es lohnt sich aber bei jeder Einführung eines neuen Werkzeuges/Tools nebst dem Schulungsbedarf zu hinterfragen, welchen Effekt dies auf die Teamarbeit und/oder gar auf die Organisationsstruktur/-kultur damit zu erwarten sind:

  • Was wird vordefiniert (und hoffentlich nicht zementiert) durch die Struktur einer Datenablage – Stichwort: Hierarchie?

  • Wo und wie werden Meetingprotokolle festgehalten, wer kann alles reinschreiben und mitlesen – Stichwort: Meetingkultur?

  • Welche Auswahlfelder werden im CRM definiert, gegebenenfalls als Pflichtfelder und passt das auf alle Nutzergruppen – Stichwort: Datenqualität bereits bei der Erfassung?

Wer das „Warum“ hinter diesen technsichen Veränderungen vorgängig definiert und hinterfragt, wird auf jedenfall eine bessere/grössere Akzeptanz bei den Nutzern ernten.